Informationen zum Online-Spielbetrieb (Spielabend und Training per Videokonferenz, Turniere auf Schachservern)

Die gegenwärtige Coronaviruskrise hat zu einer weitgehenden Verlagerung des Schachlebens in das Internet geführt. Die Zusammenkünfte von Vereinen sind in Niedersachsen bis einschließlich 18. April (also bis zum Ende der Osterferien) verboten. Ob es dabei bleibt, steht in den Sternen. In Baden-Württemberg gilt ein entsprechender Erlaß bis zum 15. Juni. Im Internet stehen im wesentlichen zwei Lösungen zur Fortsetzung des Schachlebens zur Verfügung: Videokonferenzen und Schachserver. Grundsätzlich soll der Vereinsabend am Donnerstag ab 19:30 Uhr als Spielabend auch während der Verbotsverfügung für Vereinstreffen beibehalten werden. Sollte sich erweisen, daß sie über die Osterferien hinaus verlängert wird, werden wir auch versuchen, das Jugendtraining mit WGM Tamara Klink als Videokonferenz stattfinden zu lassen. Gäste sind zum Spielabend grundsätzlich willkommen. Benutzen Sie bitte das Kontaktformular, um Ihr Interesse kundzutun.

Wir haben letzten Donnerstag (19. März) testweise einen Vereinsabend über den Videotelefoniedienst Zoom abgehalten. Anwesend waren Martin W. (als Administrator), Ingram, Martin H., Beni und Theo. Später kamen noch Max und Gerd hinzu. Man versendet hierzu einfach einen Einladungslink an die potentiellen Teilnehmer; niemand muß sich bei dem Dienst registrieren. Leider haben kommerzielle Anbieter von Videokonferenzen enge Beschränkungen, was kostenlose Angebote angeht. Lediglich Facebook scheint (nicht ausprobiert!) kostenlos unbegrenzte Video-Gruppen-Chats bis 50 Teilnehmer anzubieten, aber man kann nur Facebookmitglieder einladen. Bei Zoom sind Sitzungen mit mehr als drei Teilnehmern auf 40 Minuten beschränkt. Wir konnten die Sitzung zwar mit demselben Einladungslink wieder neu starten, aber erstmal gab es eine Unterbrechung. Man kann Videokonferenzen auch selbst hosten (Nextcloud Talk, Jitsi Meet etc.), weil die kommerziellen Dienste sehr viele Daten von den Teilnehmern abgreifen, aber hier überlasten sehr leicht die Geräte der Teilnehmer, wenn sie mehrere eingehende Videosignale in ein kumuliertes umwandeln müssen. Deswegen ist auch das nur eine Lösung für geringe Teilnehmerzahlen (< 10). Zudem braucht man einen Rootserver, und die Installation erfordert fortgeschrittene Kenntnisse in der Serveradministration. Grundsätzlich sollte man während einer Videokonferenz keine anderen großen Up- oder Downloads im selben Netzwerk oder andere hochperformante Anwendungen auf demselben Rechner ausführen. Eine weitere Möglichkeit wäre, die Teilnehmer anzuweisen, die Webcam nicht einzuschalten und nur Audiokonferenzen plus den Bildschirm des Moderators durchzuführen.

Das Videosignal zeigt entweder das Bild einer oder mehrerer Webcams der Teilnehmer oder aber den Bildschirminhalt eines Teilnehmers. Selbst wenn man das Betrugsproblem außer acht läßt, ist es praktisch kaum möglich, Partien zu spielen. Wir haben bei unserem Testlauf Studien analysiert. Eine knapp fünfminütige Videosequenz davon demonstriert den modus operandi:

Ein paar Erkenntnisse aus dem Test:

  1. Videokonferenzen sind schlecht für Spontaneität geeignet, weil die Teilnehmer sehr schnell aussteigen, wenn nichts passiert. Deshalb macht man am besten schon mit Versenden des Einladungslinks deutlich, was man vorhat.
  2. Letztlich sind Videokonferenzen zum Reden gedacht. Man braucht also Formate, wo das geht.
  3. Wenn man etwas vorführen will, gibt man es möglichst vorher in eine Datenbank ein.
  4. Eine Kamera ist nicht unbedingt nötig. Man kann sich auch ohne Bild nur per Mikrophon beteiligen – zumindest, wenn andere Teilnehmer die Stimme erkennen.
  5. Je größer der Bildschirm, desto besser. Wenn man keine Webcam hat, ist es besser, das Smartphone als Webcam zu benutzen als direkt auf ihm mitzumachen. Ich habe mein Android-Smartphone mit der auch einfach zu installierenden App DroidCam zur Webcam umgerüstet, weil ich keine besitze. Verwirrend war lediglich, daß der dazugehörige PC-Client auf Windows einen Eintrag im Startmenü nur im Administratorkonto erzeugt hat. Da ich nur ohne Adminrechte im Internet surfe, mußte ich mir eine Verknüpfung zu C:\Program Files (x86)\DroidCam\DroidCamApp.exe von Hand legen.
  6. Prüft Eure Mikrophoneinstellungen! Wenn das Mikrophon zu empfindlich eingestellt ist, nimmt es die Laufgeräusche des Computers, die dann als futuristisch anmutendes Gurgeln wiedergegeben werden, wie man es aus der Lautuntermalung von Sciene Fiction-Filmen kennt, sowie das Klacken der Eingabegeräte und andere Umgebungsgeräusche auf. Unter Windows 10 findet man den Mikrophontest in Startmenü/Einstellungen (das Zahnrädchensymbol)/System/Sound/Eingabe/Geräteeigenschaften.

Ingrams Einzeltraining wird per Videokonferenz über Nextcloud Talk fortgeführt. Bei Interesse bitte hier anfragen.

Screenshot einer Trainingssitzung per Videokonferenz über Nextcloud Talk
Screenshot einer Trainingssitzung per Videokonferenz über Nextcloud Talk

Schachserver sind vermutlich jedermann bekannt. Sie eignen sich hauptsächlich für Blitzschach. Auf manchen kann man Vereinsräume einrichten. Theo hatte schon vor langer Zeit einen Raum für uns auf dem ChessBase-Server eingerichtet: im Fenster Räume findet man ihn unter Vereine und Verbände/Deutschland/Niedersachsen/ESV Rot-Weiß Göttingen. Dort könnt Ihr Euch selbstständig verabreden. Allerdings braucht man proprietäre Software von ChessBase dazu, die auch nur unter Windows läuft. Wir haben deshalb einen Raum auf Lichess (dort Team genannt) eingerichtet, weil man dafür nur einen Webbrowser braucht. Dort müßt Ihr Euch anmelden, und Ingram als Moderator schaltet Euch dann frei. Teilt ihm möglichst mit, wer sich hinter den Nicknames verbirgt. Eine andere Möglichkeit besteht darin, einfach Turniere zu veranstalten und dem gewünschten Teilnehmerkreis das entsprechende Paßwort mitzuteilen. So funktionieren Gruppen, die auf Bezirks- und Verbandsebene Turniere auf Lichess veranstalten. Beni hat darüber einen Beitrag auf der NSV-Seite geschrieben, den ich wärmstens zur Beachtung empfehle. WhatsApp-Gruppen zur Verabredung von Turnieren haben sich auf sowohl auf NSV– als auch auf Bezirk 3-Ebene gebildet.

Nachtrag vom 10. Juli 2020

Nach wie vor ist nicht abzusehen, wann wir das Bürgerhaus Grone wieder betreten können. Es gibt mittlerweile im wesentlichen zwei Modelle dafür, wie Turnierschach vor der Verfügbarkeit eines zuverlässigen SarsCoV2-Impfstoffes aussehen kann. Entweder man spielt auf zwei Brettern nach den Regeln für das Blindenschach (Anhang E der FIDE-Regeln), wo die sehbehinderten Teilnehmer ein eigenes Brett zum Tasten der Figuren mit den Fingern benutzen dürfen. So wird es bei den Schachfreunden aus Hildesheim praktiziert. Die andere Möglichkeit ist auf einem Brett mit einer Trennscheibe aus Plexiglas, wie es zuerst von einem Schachverein aus Stolberg im Erzgebirge vorgeführt worden ist, und nun auch vom SK Goslar in Bezirk Südniedersachsen realisiert wird. Allerdings hängen die entsprechenden Genehmigungen in Göttingen wegen der lokalen Ausbrüche in den großen Wohnanlagen im Maschmühlenweg und in der Groner Landstraße weit zurück. Überhaupt ist es ein grundsätzliches Problem, daß jeder Verein mit seinem örtlichen Gesundheitsamt verhandeln muß und nicht etwa nur der Landessportbund mit der Landesregierung.

Als Glück im Unglück ist zu werten, daß unsere Onlineangebote gut funktionieren. Das Jugendtraining haben wir in den Wochen vor den großen Ferien ebenfalls per Videokonferenz durchgeführt. Dabei wurde es lediglich in zwei Gruppen geteilt, damit die weniger Erfahrenen auch gut mitkommen. Das hat erfreulicherweise gut geklappt. Ob es nach den Sommerferien wieder mit einem Präsenzangebot klappt, wage ich nicht vorherzusagen. Zu überlegen wären auch Freiluftangebote mit unserem Gartenschachspiel, daß wir für die Straßenaktionen beim Gänseliesl-Fest in der Innenstadt beschafft hatten.

Der Onlinevereinsabend als Videokonferenz ist ein toller Erfolg. Mittlerweile sind zweistellige Teilnehmerzahlen die Regel. Und es hat sicherlich dazu beigetragen, daß wir mit Cai Dieball und Johannes Nolting sogar zwei neue Mitglieder bei uns im Verein begrüßen dürfen, die beide während der Schließung des Vereinslokals beigetreten sind. Da hat uns aber auch die Etablierung der Deutschen Schach-Online-Liga (DSOL) sehr geholfen, an der wir mit zwei Mannschaften teilnehmen. Hatten wir vor deren Beginn hauptsächlich Taktikaufgaben und Endspiele analysiert, untersuchen wir nun die Partien, die wir dort gespielt haben. Das bringt ein Stück von dem emotionellen Moment zurück, daß neben dem analytischen eben auch einen beträchtlichen Teil des wettkampfmäßigen Schachs ausmacht – auch wenn echtes Turnierschach dadurch natürlich nicht ersetzt werden kann.

Und da es in diesem Beitrag nicht zuletzt auch um die Werkzeuge geht, die für ein Onlineangbot eines Schachvereins nützlich sind, sie noch auf Ingrams Testbericht der nützlichen Smartphoneapp Chessify auf seiner persönlichen Webpräsenz hingewiesen. Da viele reifere Teilnehmer Aufgaben präsentiert hatten, die sie aus ihrem Bücherschrank entnommen hatten, erwies es sich als sehr praktisch, Schachdiagramme mit der Handykamera zu scannen und dann mit dieser App in eine PGN-Datenbank umwandeln zu können.

Last Updated on Juli 7, 2021 by Babette

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Ein Kommentar

  1. Author

    Wir hatten heute den zweiten virtuellen Vereinsabend mit bis zu 11 Teilnehmern. Funktioniert auch in dieser Größe noch ziemlich gut.

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