Ingram Chylek

Ingram Chylek 1

Braun, Ingram (1838) – Chylek, Christopher (1757)
Bezirksklasse 0607
[B27]

1.e4 c5 2.c3 g6 3.d4 cxd4 4.cxd4 Lg7 5.Sf3 d6 6.h3 Die Stellung ähnelt der Pirc-Verteidigung, wo Schwarz meist den weißfeldrigen Läufer gegen den Sf3 abtauscht, um den Druck auf d4 zu erhöhen. Es ist dort nicht ungewöhnlich, das weiße Mehrtempo zu investieren, um dem Nachziehenden diese Möglichkeit zu nehmen und ihn zur Suche nach einer anderen sinnvollen Verwendung des Läufers zu zwingen. Hier wußte ich ja noch nicht, daß mein Gegner die gesamte Partie à la Vishy Anand im Schnellschachmodus spielen würde und ihn solche intellektuellen Spitzfindigkeiten in keiner Weise anfechten.
6…Sf6 7.Sc3 a6 8.Ld3 O-O 9.O-O Sbd7 10.a4
[10.e5! wurde in einer Analyse mit M. Pietsch und G. Nolte als zu Recht stark empfunden, aber das Springermanöver e8-c7-e6 ist nicht so ohne weiteres zu widerlegen.
10…dxe5 11.dxe5 Se8 12.De2!
(das in der erwähnten Analyse untersuchte
12.Te1 ist schwächer:
12…Sc7 13.De2 Se6 14.Ld2 Sxe5 15.Sxe5 Lxe5 16.Dxe5 Dxd3 17.Tad1 Te8 18.Lh6 Df5 19.Dg3 Dh5Einziger Zug 20.Lc1 h6 21.Sd5 (21.Te5 g5) 21…b5 22.Sb6 Ta7 (22…Df5) 23.Td5 g5 Weiß steht augenscheinlich besser, aber es wäre erst zu untersuchen, ob er wirklich etwas hat.)
12…Sc7 13.Td1 De8 14.Le3 Se6 15.Sd5 Sxe5 16.Sxe5 Lxe5 17.Lh6 Ld6 wenn man nichts besseres findet, einfach
(17…Lg7? 18.Lxg7 Kxg7 19.Sb6 Tb8? 20.De5++ -)
18.Lxf8 Dxf8+ / - 19.Tac1 Ld7 20.Sb6 Td8 21.Sxd7 Txd7 22.Le4 Dd8 23.g3 Sg5 24.Lg2 e5]
[10.Le3 wird von Fritz 10 bevorzugt, um schwarzfeldrige Schwächen nachzuweisen. Z. B.
10…e5 11.Tc1 Te8 12.Te1 exd4 13.Lxd4 Se5]
10…e5 11.dxe5 Evtl. nicht der beste Plan. Nach dem Abtausch der Springer hat der Läufer auf e6 ein komfortables Feld, so daß die weißen Bemühungen, ihn mit h3 und a4 in seinem Wirkungskreis zu beschränken, ziemlich im Sande verlaufen sind.
[11.Le3 Da die Fesselung auf g5 sowieso nicht viel einbringt, währe dies möglicherweise der bessere Zug gewesen. Wesentlich ist, daß in den meisten Varianten die Bauernschwäche d6 bei Schwarz erhalten bleibt.
11…exd4
(11…Te8 12.Lc2 (12.Lc4 d5 13.Lxd5 Sxd5 14.Sxd5 exd4 15.Lxd4 Txe4 16.Lxg7 Kxg7 17.Dc2 Te6 18.Dc7) 12…exd4 13.Lxd4 Se5 14.a5 h6 15.La4 Ld7 16.Te1)
12.Lxd4 und Se5 geht nicht.
12…Te8 13.Lc4 und Schwarz ist schon in Schwierigkeiten.
13…Sc5
(13…Sxe4 14.Db3 d5 15.Lxd5 Sd6 16.Tfd1 Lxd4 17.Txd4 Db6 18.Tad1+ / -)
14.e5
(14.Lxc5 dxc5 15.Sg5 Le6 16.Sxe6 fxe6 17.Db3)
14…Sfe4 15.Sxe4 Sxe4 16.Db3 Le6 17.Lxe6 Txe6]
[11.d5 bringt wohl nicht viel:
11…Sc5 12.Lg5 h6 13.Le3 Da5]
11…Sxe5 12.Sxe5 dxe5 13.Lg5 Le6 14.De2 De8 15.a5 soll die Bauernschwäche b7 fixieren, um Weiß ein klare Angriffsperspektive zu bieten. Das hat zur Folge, daß nicht nur der Springer, sondern evtl. auch der Läufer auf d5 einen starken Stützpunkt finden könnte.
15…Td8
[Ich hatte eigentlich eher
15…Tc8 erwartet, was wohl auch etwas besser gewesen wäre. Den Textzug hielt ich wegen der Fesselung spontan für grottenschlecht, allerdings habe ich nichts gefunden, was dieses Motiv direkt ausnutzt.]
16.Lxf6
[16.Lc4 Lxc4 17.Dxc4 Td4 18.De2 De6 19.Tac1 Sh5 20.Le3]
[16.f4 Sh5! Weiß hat zu viele Felderschwächen, um von der Qualität profitieren zu können.
(16…h6? 17.fxe5 hxg5 18.exf6)
17.Lxd8 Dxd8 18.f5
(18.Df3 Sxf4 19.Lb1 Dg5 20.Kh2 Td8)
(18.Dc2 Sxf4 19.Tf3 Dg5= / +)
18…Sg3
(18…Sf4 19.Txf4)
19.Df3 Sxf1 20.Txf1 Lb3 21.f6 Lh6 22.Ta1 Dd4+= / +]
[16.Df3 De7 Da das Fel d d5 nicht zu besetzen ist, kann Weiß aus dieser häßlichen Fesselung kein Kapital schlagen. Z. B.
17.Tfd1 h6 18.Lh4
(18.Le3 Db4 19.Lxh6 Lxh6 20.Dxf6 Dxb2)
18…g5 19.Lg3 g4]
16…Lxf6 17.Lc4 Lxc4
[17…Td4 18.Lxe6 fxe6! wäre wohl der Weg zum Ausgleich gewesen. Die vermeintliche Bauernschwäche e6 bewirkt durch die Kontrolle des Feldes d5, und Schwarz erhält die d-Linie. Z. B.
(18…Dxe6? 19.Sd5 Lg5 20.Tfd1 f5 21.f3 Tc8 22.Txd4 exd4 23.Dd3 De5 24.Td1 fxe4 25.fxe4 Td8 26.Kh1 (26.Dxd4? Dxd4+ 27.Txd4 Le3+ 28.Sxe3 Txd4- +) 26…Tf8 27.Dc4 (27.Dxd4?? Tf1+) 27…Kh8 28.Txd4+ / -)
19.Dg4 De7 20.Se2 Tb4 und es erweist sich, daß auch Weiß Schwächen hat.]
18.Dxc4 Td2? ein pseudoaktiver Zug, der am Ende nur ein Tempo verliert.
[Man hätte stattdessen mit
18…Dc6 die Dame aktivieren können.
19.Db3!
(19.Dxc6?! bxc6 bringt nun nichts ein, weil sich die Bauernschwächen auf c6 und b2 neutralisieren, c6 aber dem Springer das Traumfeld d5 nimmt.)
19…Td3 Wegen des guten Springers kommt ein Turmtausch auf der d-Linie eher dem Anziehenden zugute.
(19…Td4? 20.Sd5 Txe4 21.Tac1 Dd6 22.Df3 Dxd5 23.Tfd1 Dxa5 24.Dxe4 In dieser offenen Stellung sollte sich eher die Qualität durchsetzen, weil die schwarzen Figuren an Deckungsaufgaben gebunden werden können, z. B.
24…Db5 25.b4 Lg7 26.Td6 f5 27.Dc4+ Dxc4 28.Txc4 e4 29.Tb6 Tf7 30.Tc8+ Lf8 31.Tb8)
20.Tfd1 Tfd8 21.Txd3 Txd3 22.Td1 Txd1+ 23.Dxd1 Dc5 24.Sd5 Lg5 25.b4 Dc4 weiß hat mit der überlegenen Leichtfigur gute Angriffschancen:
26.Df3
(sofort 26.Dg4 verschenkt eher ein Tempo als das es eines gewinnt.
26…h6 27.Df3 Ld2)
26…Ld2 oder 27.Dg4
(27.Df6 Dxe4 28.Dd8+ Kg7 29.Df6+ ergibt nur Dauerschach.)
27…Lxb4 28.Dg5 Lxa5 29.Dxe5 Dc1+ 30.Kh2 h5 31.Sf6+ Kg7 32.Se8+
(32.Sxh5+? Kf8 33.Dd6+ Kg8 34.Sf6+ Kg7 35.Se8+ Kg8 36.Df6 Dh6 37.Sd6 Dg7 38.Dxg7+ Kxg7 39.Sxb7 Lb4 und plötzlich steht eher Schwarz besser.)
32…Kf8 33.Sd6 Dc7
(33…Lc3? 34.De8+ Kg7 35.Dxf7+ Kh8 36.g3! (36.De8+ Kh7 37.Sxb7 Df4+ 38.Kg1=) (36.Sxb7 Le5+ 37.g3 Dc2 38.Df8+ Kh7 39.Sd8 h4=) 36…Dc2 37.Kg2 Ld4 38.Df4 Lg7 39.Sxb7 Kh7 40.Sd8 Dame und Springer harmonieren in Königsangriffen sehr gut, aber der entfernte Freibauer bleibt problematisch.
40…a5! Der Freibauer muß das Quadrat verkleinern!
(Mit dem Freibauern im Quadrat kann Weiß einfach abwickeln, z. B.
40…Dc5 41.Df7 De5 (41…a5 ist jetzt wegen der Kraft des weißen Angriffsduos zu spät.
42.Se6 Dc3 43.e5 Dxe5 44.Sf8+ Kh8 45.Sxg6++ -) 42.Se6 Kh6 43.Dxg7+ Dxg7 44.Sxg7 Kxg7 45.Kf1! Jetzt ist der König im Quadrat des entfernten Freibauern. Die Gewinntechnik ist nun einfach. Weiß holt den Bauern ab und gewinnt dann mit der Bauernmajorität am Königsflügel.
(45.Kf3 leistet dasselbe, aber es ist etwas mehr Rechenarbeit zu erledigen.)) 41.Se6 Db2 42.Df7 Df6 43.Dd7 g5 44.h4 gxh4 45.gxh4 Kh6 46.Sg5 Jetzt hat Schwarz nur noch Damenzüge.
46…Dg6 Da jetzt aber keine Dauerschachdrohungen mehr bestehen, kann Weiß seine Bauern mobilisieren, was Schwarz stark unter Druck setzt.
(sonst 46…Db6 47.Df5 Dg6 48.Dxa5) 47.f4 Df6 48.e5 Da6 49.Kf2 Db6+ 50.Kf3 Db3+ 51.Ke4 Db1+ 52.Dd3 Db7+ 53.Ke3 mit Mattdrohung
53…Lf8 54.f5 a4 (54…Lc5+? 55.Kf4 führt zu nichts.) 55.Kf4 a3 56.Dd8 Db4+ 57.Se4 a2 58.Df6+ Kh7 59.Df7+ Kh8 60.Dxa2 De1 61.f6 Dxh4+ À la longue ist auch diese Stellung für Weiß gewonnen, z. B.
62.Ke3 De1+ 63.De2 Lh6+ 64.Kd3 Db1+ 65.Dc2 Db5+ (65…Dxc2+ 66.Kxc2 Kg8 67.e6 Lf4 68.Kd3 h4 69.Sf2 Le5 70.Sg4 Lb2 71.Ke4 Kf8 72.Kd5 Ke8 73.f7+ Ke7 74.Sf2 Lg7 75.Sh3 Lb2 76.Sf4 La3 (76…Lg7 77.Sg6+ Kf6 78.Kd6 h3 79.e7 Kxf7 80.Kd7 Kxg6 81.e8=D+) 77.Ke5 Ld6+ 78.Kf5 Lxf4 79.Kxf4 h3 80.Kg3) 66.Kd4 Dd7+ 67.Sd6)
34.Dh8+ Ke7 35.e5 Ke6 36.Df6+ Kd5 37.Sxf7 Dc6 38.Dg5 Lb6 39.Dd2+ Ke6 40.Df4 Lc7 41.Sg5+ Kd5 42.De4+ Kc5 43.De3+ Kb4 44.f4 und die besseren Aussichten liegen auf der weißen Seite]
[18…Td4 19.Db3 Dc6 ergibt nur Zugumstellung]
19.Sd5 Lg7 Ab hier geschehen haarsträubende Dinge: mein Gegner hatte die gesamte Partie wie oben erwähnt im Schnellschachmodus gespielt. Gewohnt, auch bei gegnerischem Zugrecht am Brett zu bleiben und nachzudenken, verlor ich völlig mein Zeitgefühl. Als ich über den zwanzigsten Zug sinnierte, sah ich im Augenwinkel, wie der Uhrzeiger das Blättchen erreichte und glaubte, ich hätte noch eine Stunde Zeit. Aber dann schweifte mein Blick herüber zu Dr. Ottens Uhr an Brett 3, die eine Dreiviertelstunde weniger Zeit anzeigte. Arnold spielt doch aber mit normaler Geschwindigkeit? Die Erkenntnis traf mich wie ein Keulenschlag: ich bin in akuter Zeitnot und muß noch sage und schreibe 21 Züge machen! Daß mir dabei nichts schlimmeres passiert, als daß ich dreimal klare Gewinnstellungen auslasse, halte ich für ein kleines Wunder. Allerdings verabsäumt der Schwarzspieler durch seine eigenes schnelles Spiel auch, mich vor Probleme zu stellen, die im 10-sec-Takt unlösbar sind. So gesehen ist seine ungehaltene Reaktion nach Ende der Partie unangemessen (angeblich hätte ich in der Zeitnotphase meine Notationspflicht verletzt, was schlicht nicht der Wahrheit entspricht; vgl. Art. 8.4 der FIDE-Regeln, wonach die Notationspflicht in den letzten 5 Minuten aufgehoben ist). Da muß er sich schon an die eigene Nase fassen.
[Besser ist19…De6 20.Db3 Lg5 21.Dxb7 f5 22.f3 Dc8 23.Db3 Dc5+ 24.Kh1 Kh8 25.Dc3 Dxc3 26.bxc3 fxe4 27.fxe4 Txf1+ 28.Txf1 Ta2 29.Tf8+ Kg7 30.Te8 Txa5 31.g3 Kf7 32.Th8]
20.Db4 Td4 21.Dxb7 Db8?
[21…Da8 mußte geschehen. Danach mußte Weiß immerhin sehen, daß er sich nicht an den Be4 klammern darf:
22.Dxa8 Txa8 23.f3 f5 24.Tac1! fxe4 25.fxe4 Txe4 26.Tc7 Td8 27.Se7+ Kh8 28.Tf7 Tf4 29.Sxg6+ hxg6 30.Txg7+ -]
22.Dxa6
[22.Dxb8 Txb8 23.Se7+ Kf8 24.Sc6 Txb2 25.Sxd4 exd4 26.Tfb1 und der Text nehmen sich nicht viel.]
22…Txe4 23.Db6
[23.b4! hätte Weiß eine Gewinnstellung eingebracht, den Schwarz hat gegen den drohenden Bauernvormarsch nichts besseres alsmit
23…Txb4 24.Se7+ Kh8 25.Sc6 Db5 26.Sxb4 den Bauern gegen eine Qualität einzutauschen, ohne dabei den Freibauern auf a6 abzuräumen. Aber auch nach dem Textzug steht Weiß wesentlich besser.]
[Auch 23.Dc6 mit Angriff auf den Turm und Deckung des Umwandlungsfeldes ist sehr stark.]
23…Td4?
[Auch 23…Dxb6 24.axb6 Tc4 25.b7 Tc5 26.Se7+ Kh8 27.Tfc1 Tb5 28.Tc7 zögert die schwarze Niederlage nur für einen kurzen Moment hinaus.]
24.Sf6+?
[24.Se7+! wäre der sofortige Gewinn gewesen.
24…Kh8 25.Dxb8 Txb8 26.Sc6+ -Der Textzug hingegen ist ein typischer Zeitnotzug. Unfähig zu kalkulieren, ob der Läufer auf der langen Diagonale etwas ausrichten kann (insbes. gegen den Ta1), reduziere ich die Komplexität der Stellung.]
24…Lxf6 25.Dxf6 Tb4 26.a6 Tb6 27.Df3 Da7 28.De2 f6 29.b4? Ich hielt den Bauern ohnehin für ein Kind des Todes und wollte wenigstens noch einen Zug mit ihm gewinnen.
[Da ich …f6 nicht erwartet hatte, hatte ich übersehen, daß ich Schwarz mit
29.Dc4+ vor unangenehme Probleme stellen konnte.
29…Df7
(29…Kg7 30.b4 und der totgeglaubte Bauer erweist sich als höchst vital)
30.Dxf7+ Kxf7 31.Tfc1 Ke6 32.a7 Ta8 33.Tc7 h5 34.Ta2 Kd6 35.Tg7 und Schwarz steht eine freudlose Verteidigung bevor]
29…Txb4 30.Tfb1 Tfb8 31.Txb4 Txb4 32.De3 Dxe3?!
[Schade! Mein Gegner hatte die Hand schon zum Turm hin bewegt, aber dann noch zurückgezogen, ohne ihn zu berühren. Denn daß auf
32…Tb6?? 33.Dxb6! gewinnt, hatte ich auch ohne Zeit gesehen.]
[Die Abwicklung in ein Turmendspiel ist aber ungeachtet dessen konkreter analytischer Bewertung falsch, weil Schwarz mit
32…Td4 eine sichere Alternative zur Verfügung stand. Zu nichts führt dann
33.Db3+ Kg7 34.Db7+ Dxb7 35.axb7 Tb4 36.Ta7 Kh6 37.Kf1 Tb2 38.Ke1 Kg5 39.Kd1 Kf4 40.Kc1 Tb6 41.Kc2 Ke4 42.Kc3 Kd5 43.h4 um den König weiter weg zu treiben oder
(43.b8=D Txb8 44.Txh7 Ke4)
43…Kc6 44.b8=D Txb8 45.Txh7 und das Turmendspiel ist remis]
33.fxe3 Nebenbei mindert das Zurücknehmen und die nachfolgende Königswanderung die „Zugfindungsprobleme“ (O-Ton P. Konetzke) des Zeitnotspielers erheblich.
33…Tb8 34.Kf2 Kf7 35.Ke2 Ke6 36.e4 Kd6
[36…f5 37.Kd3 Td8+]
37.Kd3 f5?
[37…Kc5 hätte hier zum Remis wohl gereicht:
38.a7 Ta8 39.Ta6 Kb5 40.Txf6 Txa7 41.Te6 Ta3+ 42.Ke2 Kc5 43.Txe5+ Kd4 44.Te7 h5 45.Kf2 g5 46.e5 Kd5 47.Th7
(47.Tg7 g4 48.hxg4 hxg4 49.Txg4 Kxe5=)
47…h4 48.Tg7 Tg3=]
38.exf5 gxf5 39.a7 Ta8 40.Kc4 Uff, die Zeitkontrolle ist geschafft! Und siehe da, Weiß hat sogar ein etwas besseres Turmendspiel. Mein Gegner bot nach
40…Kc6 Remis an. Zwar ist die Stellung remislich, aber der Verteidiger muß erst noch den Beweis dafür führen. Ich hätte deshalb auch nicht angenommen, wenn ich meine Stellung nicht so sehr überschätzt hätte, wie ich es tatsächlich getan habe. Mein Gedankengang war, daß der entfernte Freibauer den schwarzen König auf den falschen Flügel zwingt, wonach der weiße König die schwarzen Bauern in der Mitte abräumt und dann das Turmendspiel mit Mehrbauern und abgeschnittenem schwarzen König leicht zu gewinnen sein müßte. Zwar ist der Plan an sich richtig, aber die Umsetzung in konkrete Varianten ist viel schwieriger als gedacht. Man muß hier allerdings auch bedenken, daß ich selbst 10 Minuten nach Ende der Zeitnotzockerei noch so nervös war, daß ich meine Kaffeetasse nur mit Mühe halten konnte. Daß ich unterschätzt habe, wie schwierig die Gewinnführung wirklich ist, hat mir in dieser Situation eher geholfen.
41.Ta5
[Trotz zum Teil hoher Computerbewertungen halte ich
41.g4 nicht für einen validen Gewinnzug. Die Bewertungen stammen u. a. daher, daß Weiß nach
41…f4! Freibauern an beiden Flügeln bilden kann. Aber daß Problem ist, daß das Schlagen des e-Bauern mit dem König dem f-Bauern erlaubt, den weißen Turm abzulenken und damit einen der Freibauern zu beseitigen. Das entstehende Endspiel mit nur noch einem Freibauern ist dann sehr wahrscheinlich Remis. Z.B.
42.Kd3 f3 43.Ke3 e4 44.g5 Kd6 45.h4 Ke5 46.Ta5+
(46.Ta6 Kf5)
46…Ke6 47.h5 Kf7 48.Ta6 Kf8 49.Ta2 Kg7 Wie soll Weiß jetzt noch Fortschritte machen? Da nutzt auch eine Computerbewertung von +2,7 Bauerneinheiten nicht viel.
50.Ta1 h6!
(Vorsicht, Falle! Nach
50…Kg8? 51.h6! müßte der schwarze König nach f7 oder h8, wonach der sich opfernde f-Bauer entweder mit Schach oder mit Mattdrohung geschlagen würde, weswegen Weiß nun doch gewänne.Mansehe
51…Kf7 (oder 51…Kh8 52.Kxe4 f2 53.Ke3 f1=D 54.Txf1 Txa7 55.Tf8#) 52.Kxe4 f2 53.Ke3 f1=D 54.Txf1+ Kg6 55.Tf6+ Kxg5 56.Ta6 mit Gewinn.)
51.g6 Mein Fritz 10 fühlt sich jetzt mit +2,88 Bauerneinheiten sauwohl. Tatsächlich bestehen die Varianten aber nur aus Hin- und Herziehen mit Turm und König, was den Schachregeln nach irgendwann Remis wg. Stellungswiederholung oder 50-Züge-Regel ergibt. Dieses planlose Herumziehen sorgt dafür, daß im Variantenbaum Stellungsvereinfachungen mit geringerer Bewertung über den Rechenhorizont hinaus verschoben werden werden – aber nur solange, bis keine Remisbewertung greift, was bei der 50-Züge-Regel ziemlich lange dauern würde. Das manuelle Ausführen des Gewinnplans hingegen läßt das Kartenhaus in sich zusammenfallen:
51…Kg8 52.Kxe4 f2 53.Tf1 Txa7 54.Txf2 Wenn Schwarz mit dem König auf g7 und g8 bzw. mit dem Turm auf der auf a7, b7, c7 pendelt, kann Weiß keine Fortschritte machen. Z. B.
54…Kg7 55.Tf5 Kg8 56.Te5 Kg7 57.Kf5 Kg8 58.Kf6 droht Matt
58…Ta6+ 59.Kf5
(Im Falle von
59.Te6 reicht 59…Txe6+ schon aus:
60.Kxe6 Kg7 61.Ke7 (61.Kf5 Kg8 62.Kf6 Kf8) 61…Kg8 62.Kf6 Kf8 Der Versuch, den Bh6 zu gewinnen, endet nach
63.g7+ Kg8 64.Kg6 im Patt.)
59…Ta7 etc.]
41…e4?
[41…h6? Dieser „beste Zug“ von Fritz 10 ist falsch.
42.g4 f4! 43.Kd3 f3 44.Ke3 e4 ergibt dieselbe Konstellation wie im vorigen Partiezug analysiert, aber mit einem feinen Unterschied: Die Freibauernbildung geschieht früher, was jetzt für Weiß ausreicht.
45.h4 Kd6 46.Ta6+ Kd5
(46…Ke5 47.g5 Kf5 48.gxh6)
47.g5 hxg5 48.hxg5 Ke5
(48…Kc4 49.g6)
49.g6]
[Richtig ist
41…Kb6! 42.Txe5 Txa7 43.Txf5 Td7 und der Weiße König ist ebenso abgeschnitten wie sein schwarzer Gegenüber.]
[Vielleicht noch einfacher
41…h5! , wonach die weiße Gewinnidee mit g4 überhaupt nicht mehr vorhanden ist.]
42.Kd4?
[42.Txf5! gewinnt sofort, weil Schwarz den Freibauern nicht nehmen kann.
42…Txa7?? 43.Tf6+ Kc7 44.Tf7+ Kb6 45.Txa7 Kxa7 46.Kd4 und Weiß gewinnt.]
42…Td8+
[42…Kb6 43.Txf5 Txa7 44.Kxe4 siehe Anmerkung zum nächsten Zug.]
43.Ke3 Kb7?
[Besser wäre
43…Ta8 44.Kf4 Kb6 45.Txf5 Txa7 46.Kxe4 und es bleibt zunächst offen, ob Weiß gewinnen kann.]
44.Txf5 Kxa7 45.Tf7+ Kb6 46.Txh7 Te8?
[Mein Gegner meinte nach der Partie, mit
46…Td3+ ein sicheres Remis gehabt zu haben. Das ist objektiv falsch, aber die Gewinnführung für Weiß ist zumindestens schwieriger als im Text, so daß dieser Zug aus pragmatischen Gründen unbedingt hätte versucht werden müssen. Die menschliche Gewinnführung ist
47.Kf4 Kc6
(47…e3? 48.Te7)
(47…Td2? 48.g4)
48.h4 Kd6 49.g4 e3 50.Kf3 Td4 51.g5 Te4! 52.Ke2! und der schwarze Bauer geht verloren:
52…Ke6 53.h5 Kf5 54.g6 Tg4 55.Kxe3+ - Kf6 56.Tf7+ Kg5 57.Kf3 Tg1 58.Th7 Kf6 59.Kf4 Th1
(59…Tf1+ 60.Kg4 Tg1+ 61.Kh3 Tg5 62.Kh4 Tg2 63.Tf7+)
60.Tf7+ Ke6 61.Kg5+ -]
[Computer haben es da einfacher. Sie sehen in den TableBases, daß
46…Td3+ 47.Kxe4 Tg3 48.Td7 Txg2 ein Matt in 42 Zügen ergibt!]
47.Th4 Kc5
[47…Tg8 48.Tg4! Im Bauernendspiel sorgt der Doppelbauer für die nötigen Tempozüge, so daß man sich etwaige Berechnungen sparen kann.]
48.Txe4 Tg8 49.Kf3 Kd5 50.Te2

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Last Updated on September 27, 2018 by Ingram Braun

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